Dienstag, 15. Dezember 2009

Alternativloser Zahlcontent

Die Monetarisierungsversuche via PaidContent beim Hamburger Abendblatt sind seit gestern in aller Munde. Paid war der Content natürlich auch schon vorher, das habe ich unter anderem ja auch hier schon erwähnt: Stichworte dazu sind „Advertorials“, Partnerprogramme als inhaltliche Ergänzungen sowie übliche ordentlich getrennte Werbung ohnehin an aller Orten usw.

Dass das Modell scheitern wird, dazu muss gar nicht erst viel gesagt werden, davon ist eh auszugehen. Dass ausgerechnet die Artikel aus dem Regionalteil nur gegen Geld zugänglich sein sollen lässt sich ebenso sofort nachvollziehen, dies ist schließlich das einzige, bei dem die Zeitung eine Art Alleinstellungsmerkmal vorweisen kann - Zeitungen mit Lokalteilen für Hamburg sind neben dem HA lediglich Welt+Bild (beide ebenfalls Springer) sowie taz (Lokalteil wird kontinuierlich gekürzt, grün) und Mopo (etwas boulevardesquer und statt CDU-nah wie das HA auf SPD Linie). Ob für diese kleine Konkurrenz wird jetzt also vielleicht ein neuer Leser_innensegen zukommt bleibt abzuwarten, durchaus auch denkbar, dass vielfach einfach auf professionelle Regional-Meldungen verzichtet wird.

Interessant ist dabei, mit welcher vor Sorglosigkeit strotzenden Eile das Modell umgesetzt worden sein muss. Das lässt sich an den zahlreichen technischen Pannen und Problemen die auftraten und teilweise noch immer auftreten ganz gut erkennen:

* Häufige 500er Fehler auf den Zahlartikeln
* Sicherheit wird selbst angesichts der Tatsache, dass es sich um Zahlsystem handelt offenbar nicht allzu groß geschrieben - XSS: http://bit.ly/7uMyVz

Zwei andere Probleme werden heiß diskutiert:

* Google soll natürlich alle Texte indexieren, nach wie vor erhält man mit dem User-Agent Googlebot sämtliche Artikel in voller Länge, etwas anderes wird nicht geprueft.
* Von Google kommend erhält man alle kostenpflichtigen Artikel in voller Länger, wobei dies vom Referer abhängig gemacht wird. Sobald im Referer Feld .google.com im Hostnamen auftaucht, wird der gesamte Artikel angezeigt.

Dass die Anfragen von Google kommend und von Google selbst gratis sind liegt offenbar daran, dass das 'First Click Free' Konzept von Google umgesetzt wird - Leute die einen Suchbegriff gefunden zu meinen haben sollen nicht direkt mit einer Zahlseite enttäuscht werden - und ist also somit Absicht und durchaus begrüßenswert.

Der Check nach Googlebot rein vom User-Agent abhängig zu machen ist recht gutgläubig, allerdings ist das erstaunlicherweise sogar die vorgeschlagene Vorgehensweise seitens Google.
Und selbst das unnötig schwache Referer-Matching auf /.*\.google\..*/ wird tatsächlich von Google vorgeschlagen.

Und ausgerechnet diese viel belächelte FirstClickFree Strategie ist meiner Vermutung nach in naher Zukunft der Grund, dass nicht alle potentiellen Leser_innen abwandern werden. Abonnieren werden deswegen aber natürlich kaum mehr.

Insgesamt in technischer wie strategischer Hinsicht scheint es, als wären Experten hier also wohl kaum am Werk gewesem, das riecht eher nach einem recht unüberlegten Schnellschuss denn nach einer wohl durchdachten langfristigen Neuausrichtung. Spannend wird sein, wie der absehbare Rücktritt von dem PaidContent Modell kommuniziert werden wird.