Die Monetarisierungsversuche via PaidContent beim Hamburger Abendblatt sind seit gestern in aller Munde. Paid war der Content natürlich auch schon vorher, das habe ich unter anderem ja auch hier schon erwähnt: Stichworte dazu sind „Advertorials“, Partnerprogramme als inhaltliche Ergänzungen sowie übliche ordentlich getrennte Werbung ohnehin an aller Orten usw.
Dass das Modell scheitern wird, dazu muss gar nicht erst viel gesagt werden, davon ist eh auszugehen. Dass ausgerechnet die Artikel aus dem Regionalteil nur gegen Geld zugänglich sein sollen lässt sich ebenso sofort nachvollziehen, dies ist schließlich das einzige, bei dem die Zeitung eine Art Alleinstellungsmerkmal vorweisen kann - Zeitungen mit Lokalteilen für Hamburg sind neben dem HA lediglich Welt+Bild (beide ebenfalls Springer) sowie taz (Lokalteil wird kontinuierlich gekürzt, grün) und Mopo (etwas boulevardesquer und statt CDU-nah wie das HA auf SPD Linie). Ob für diese kleine Konkurrenz wird jetzt also vielleicht ein neuer Leser_innensegen zukommt bleibt abzuwarten, durchaus auch denkbar, dass vielfach einfach auf professionelle Regional-Meldungen verzichtet wird.
Interessant ist dabei, mit welcher vor Sorglosigkeit strotzenden Eile das Modell umgesetzt worden sein muss. Das lässt sich an den zahlreichen technischen Pannen und Problemen die auftraten und teilweise noch immer auftreten ganz gut erkennen:
* Häufige 500er Fehler auf den Zahlartikeln
* Sicherheit wird selbst angesichts der Tatsache, dass es sich um Zahlsystem handelt offenbar nicht allzu groß geschrieben - XSS: http://bit.ly/7uMyVz
Zwei andere Probleme werden heiß diskutiert:
* Google soll natürlich alle Texte indexieren, nach wie vor erhält man mit dem User-Agent Googlebot sämtliche Artikel in voller Länge, etwas anderes wird nicht geprueft.
* Von Google kommend erhält man alle kostenpflichtigen Artikel in voller Länger, wobei dies vom Referer abhängig gemacht wird. Sobald im Referer Feld .google.com im Hostnamen auftaucht, wird der gesamte Artikel angezeigt.
Dass die Anfragen von Google kommend und von Google selbst gratis sind liegt offenbar daran, dass das 'First Click Free' Konzept von Google umgesetzt wird - Leute die einen Suchbegriff gefunden zu meinen haben sollen nicht direkt mit einer Zahlseite enttäuscht werden - und ist also somit Absicht und durchaus begrüßenswert.
Der Check nach Googlebot rein vom User-Agent abhängig zu machen ist recht gutgläubig, allerdings ist das erstaunlicherweise sogar die vorgeschlagene Vorgehensweise seitens Google.
Und selbst das unnötig schwache Referer-Matching auf /.*\.google\..*/ wird tatsächlich von Google vorgeschlagen.
Und ausgerechnet diese viel belächelte FirstClickFree Strategie ist meiner Vermutung nach in naher Zukunft der Grund, dass nicht alle potentiellen Leser_innen abwandern werden. Abonnieren werden deswegen aber natürlich kaum mehr.
Insgesamt in technischer wie strategischer Hinsicht scheint es, als wären Experten hier also wohl kaum am Werk gewesem, das riecht eher nach einem recht unüberlegten Schnellschuss denn nach einer wohl durchdachten langfristigen Neuausrichtung. Spannend wird sein, wie der absehbare Rücktritt von dem PaidContent Modell kommuniziert werden wird.
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Dienstag, 15. Dezember 2009
Donnerstag, 8. Oktober 2009
Not In Our Name, Marke Hamburg!
Der folgende Text von Ted Gaier geht gerade per Mail rum, aber meiner Meinung nach gehört er schleunigst ins Web. Ich mach das hiermit mal..
Ein Gespenst geht um in Europa, seit der US-Ökonom Richard Florida vorgerechnet hat, dass nur die Städte prosperieren, in denen sich die „kreative Klasse“ wohlfühlt. „Cities without gays and rock bands are losing the economic development race“, schreibt Florida. Viele europäische Metropolen konkurrieren heute darum, zum Ansiedelungsgebiet für diese „kreative Klasse“ zu werden. Für Hamburg hat die Konkurrenz der Standorte mittlerweile dazu geführt, dass sich die städtische Politik immer mehr einer „Image City“ unterordnet. Es geht darum, ein bestimmtes Bild von Stadt in die Welt zu setzen: Das Bild von der „pulsierenden Metropole“, die „ein anregendes Umfeld und beste Chancen für Kulturschaffende aller Couleur“ bietet. Eine stadteigene Marketing-Agentur sorgt dafür, dass dieses Bild als „Marke Hamburg“ in die Medien eingespeist wird. Sie überschwemmt die Republik mit Broschüren, in denen aus Hamburg ein widerspruchfreies, sozial befriedetes Fantasialand mit Elbphilharmonie und Table-Dance, Blankenese und Schanze, Agenturleben und Künstlerszene wird. Harley-Days auf dem Kiez, Gay-Paraden in St. Georg, Off-Kunst-Spektakel in der Hafencity, Reeperbahn-Festival, Fanmeilen und Cruising Days: Kaum eine Woche vergeht ohne ein touristisches Megaevent, das „markenstärkende Funktion“ übernehmen soll.
Liebe Standortpolitiker: Wir weigern uns, über diese Stadt in Marketing-Kategorien zu sprechen. Wir sagen: Aua, es tut weh. Hört auf mit dem Scheiß. Wir lassen uns nicht für blöd verkaufen. Wir wollen weder dabei helfen, den Kiez als „bunten, frechen, vielseitigen Stadtteil“ zu „positionieren“, noch denken wir bei Hamburg an „Wasser, Weltoffenheit, Internationalität“, oder was euch sonst noch an „Erfolgsbausteinen der Marke Hamburg“ einfällt. Wir denken an andere Sachen. An über eine Million leerstehender Büroquadratmeter zum Beispiel und daran, dass ihr die Elbe trotzdem immer weiter zubauen lasst mit Premium-Glaszähnen. Wir stellen fest, dass es in der westlichen inneren Stadt kaum mehr ein WG-Zimmer unter 450 Euro gibt, kaum mehr Wohnungen unter 10 Euro pro Quadratmeter. Dass sich die Anzahl der Sozialwohnungen in den nächsten zehn Jahren halbieren wird.
Dass die armen, die alten und migrantischen Bewohner an den Stadtrand ziehen, weil Hartz IV und eine städtische Wohnungsvergabepolitik dafür sorgen. Wir glauben: Eure „wachsende Stadt“ ist in Wahrheit die segregierte Stadt, wie im 19. Jahrhundert: Die Promenaden den Gutsituierten, dem Pöbel die Mietskasernen außerhalb.
Und deshalb sind wir auch nicht dabei, beim Werbefeldzug für die „Marke Hamburg“. Nicht dass ihr uns freundlich gebeten hättet. Im Gegenteil: uns ist nicht verborgen geblieben, dass die seit Jahren sinkenden kulturpolitischen Fördermittel für freie künstlerische Arbeit heutzutage auch noch zunehmend nach standortpolitischen Kriterien vergeben werden. Siehe Wilhelmsburg, die Neue Große Bergstraße, siehe die Hafencity: Wie der Esel der Karotte sollen bildende Künstler den Fördertöpfen und Zwischennutzungs-Gelegenheiten nachlaufen – dahin, wo es Entwicklungsgebiete zu beleben, Investoren oder neue, zahlungskräftigere Bewohner anzulocken gilt. Ihr haltet es offensichtlich für selbstverständlich, kulturelle Ressourcen „bewusst für die Stadtentwicklung“ und „für das Stadt-Image“ einzusetzen. Kultur soll zum Ornament einer Art Turbo-Gentrifizierung werden, weil ihr die die üblichen, jahrelangen Trockenwohn-Prozesse garnicht mehr abwarten wollt. Wie die Stadt danach aussehen soll kann man in St. Pauli und im Schanzenviertel begutachten: Aus ehemaligen Arbeiterstadtteilen, dann „Szenevierteln“, werden binnen kürzester Zeit exklusive Wohngegenden mit angeschlossenem Party- und Shopping Kiez, auf dem Franchising-Gastronomie und Ketten wie H&M die Amüsierhorde abmelken.
Die Hamburgische Kulturpolitik ist längst integraler Bestandteil eurer Eventisierungs-Strategie. Dreissig Millionen Euro gingen an das Militaria-Museum eines reaktionären Sammlerfürsten . Über vierzig Prozent der Ausgaben für Kultur entfallen derzeit auf die „Elbphilharmonie“. Damit wird die Kulturbehörde zur Geisel eines 500-Millionen-Grabes, das nach Fertigstellung bestenfalls eine luxuriöse Spielstätte für Megastars des internationalen Klassik- und Jazz-Tourneezirkus ist. Mal abgesehen davon, dass die Symbolwirkung der Elbphilharmonie nichts an sozialem Zynismus zu wünschen übrig lässt: Da lässt die Stadt ein „Leuchtturmprojekt“ bauen, das dem Geldadel ein Fünf-Sterne-Hotel sowie 47 exklusive Eigentumswohnungen zu bieten hat und dem gemeinen Volk eine zugige Aussichtsplattform übrig lässt. Was für ein Wahrzeichen!
Uns macht es die „wachsende Stadt“ indessen zunehmend schwer, halbwegs bezahlbare Ateliers, Studio- und Probenräume zu finden, oder Clubs und Spielstätten zu betreiben, die nicht einzig und allein dem Diktat des Umsatzes verpflichtet sind. Genau deshalb finden wir: Das Gerede von den „pulsierenden Szenen“ steht am allerwenigsten einer Stadtpolitik zu, die die Antwort auf die Frage, was mit städtischem Grund und Boden geschehen soll, im Wesentlichen der Finanzbehörde überlässt. Wo immer eine Innenstadtlage zu Geld zu machen ist, wo immer ein Park zu verdichten, einem Grünstreifen ein Grundstück abzuringen oder eine Lücke zu schließen ist, wirft die Finanzbehörde die „Sahnelagen“ auf den Immobilienmarkt – zum Höchstgebot und mit einem Minimum an Auflagen. Was dabei entsteht, ist eine geschichts- und kulturlose Investoren-City in Stahl und Beton.
Wir haben schon verstanden: Wir, die Musik-, DJ-, Kunst-, Theater- und Film-Leute, die kleine-geile-Läden –Betreiber und ein-anderes-Lebensgefühl-Bringer, sollen der Kontrapunkt sein zur „Stadt der Tiefgaragen“ (Süddeutsche Zeitung). Wir sollen für Ambiente sorgen, für die Aura und den Freizeitwert, ohne den ein urbaner Standort heute nicht mehr global konkurrenzfähig ist. Wir sind willkommen. Irgendwie. Einerseits. Andererseits hat die totale Inwertsetzung des städtischen Raumes zur Folge, dass wir – die wir doch Lockvögel sein sollen – in Scharen abwandern, weil es hier immer weniger bezahlbaren und bespielbaren Platz gibt. Mittlerweile, liebe Standortpolitiker, habt ihr bemerkt, dass das zum Problem für euer Vorhaben wird. Doch eure Lösungsvorschläge bewegen sich tragischer Weise kein Jota außerhalb der Logik der unternehmerischen Stadt. Eine frische Senatsdrucksache etwa kündigt an „die Zukunftspotenziale der Kreativwirtschaft durch Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu erschließen“. Eine „Kreativagentur“ soll zukünftig u.a. „Anlaufstelle für die Vermittlung von Immobilienangeboten“ sein. Wer sich die Mieten nicht leisten kann, muss sich als „künstlerischer Nachwuchs“ einsortieren lassen und bei der Kreativagentur um „temporäre Nutzung von Leerständen“ ersuchen. Dafür gibt es sogar einen Mietzuschuss, allerdings nur, wenn „die Dringlichkeit des Bedarfs und die Relevanz für den Kreativstandort Hamburg“ gegeben sind. Unmissverständlicher kann man nicht klarstellen, was „Kreativität“ hier zu sein hat: Nämlich ein profit center für die „wachsende Stadt“.
Und da sind wir nicht dabei. Wir wollen nämlich keine von Quartiersentwicklern strategisch platzierten „Kreativimmobilien“ und „Kreativhöfe“. Wir kommen aus besetzten Häusern, aus muffigen Proberaumbunkern, wir haben Clubs in feuchten Souterrains gemacht und in leerstehenden Kaufhäusern, unsere Ateliers lagen in aufgegebenen Verwaltungsgebäuden und wir zogen den unsanierten dem sanierten Altbau vor, weil die Miete billiger war. Wir haben in dieser Stadt immer Orte aufgesucht, die zeitweilig aus dem Markt gefallen waren – weil wir dort freier, autonomer, unabhängiger sein konnten. Wir wollen jetzt nicht helfen sie in Wert zu setzen. Wir wollen die Frage „Wie wollen wir leben?“ nicht auf Stadtentwicklungs-Workshops diskutieren. Für uns hat das, was wir in dieser Stadt machen, immer mit Freiräumen zu tun, mit Gegenentwürfen, mit Utopien, mit dem Unterlaufen von Verwertungs- und Standortlogik.
Wir sagen: Eine Stadt ist keine Marke. Eine Stadt ist auch kein Unternehmen. Eine Stadt ist ein Gemeinwesen. Wir stellen die soziale Frage, die in den Städten heute auch ein Frage von Territorialkämpfen ist. Es geht darum, Orte zu erobern und zu verteidigen, die das Leben in dieser Stadt auch für die lebenswert machen, die nicht zur Zielgruppe der „Wachsenden Stadt“ gehören. Wir nehmen uns das Recht auf Stadt – mit all den Bewohnerinnen und Bewohnern Hamburgs, die sich weigern, Standortfaktor zu sein. Wir solidarisieren uns mit den Besetzern des Gängeviertels, mit der Frappant-Initiative gegen Ikea in Altona, mit dem Centro Sociale und der Roten Flora, mit den Initiativen gegen die Zerstörung der Grünstreifen am Isebek-Kanal und entlang der geplanten Moorburg-Trasse in Altona, mit No-BNQ in St. Pauli, mit dem Aktionsnetzwerk gegen Gentrifizierung und mit den vielen anderen Initiativen von Wilhelmsburg bis St. Georg, die sich Stadt der Investoren entgegenstellen.
Ted Gaier
Ein Gespenst geht um in Europa, seit der US-Ökonom Richard Florida vorgerechnet hat, dass nur die Städte prosperieren, in denen sich die „kreative Klasse“ wohlfühlt. „Cities without gays and rock bands are losing the economic development race“, schreibt Florida. Viele europäische Metropolen konkurrieren heute darum, zum Ansiedelungsgebiet für diese „kreative Klasse“ zu werden. Für Hamburg hat die Konkurrenz der Standorte mittlerweile dazu geführt, dass sich die städtische Politik immer mehr einer „Image City“ unterordnet. Es geht darum, ein bestimmtes Bild von Stadt in die Welt zu setzen: Das Bild von der „pulsierenden Metropole“, die „ein anregendes Umfeld und beste Chancen für Kulturschaffende aller Couleur“ bietet. Eine stadteigene Marketing-Agentur sorgt dafür, dass dieses Bild als „Marke Hamburg“ in die Medien eingespeist wird. Sie überschwemmt die Republik mit Broschüren, in denen aus Hamburg ein widerspruchfreies, sozial befriedetes Fantasialand mit Elbphilharmonie und Table-Dance, Blankenese und Schanze, Agenturleben und Künstlerszene wird. Harley-Days auf dem Kiez, Gay-Paraden in St. Georg, Off-Kunst-Spektakel in der Hafencity, Reeperbahn-Festival, Fanmeilen und Cruising Days: Kaum eine Woche vergeht ohne ein touristisches Megaevent, das „markenstärkende Funktion“ übernehmen soll.
Liebe Standortpolitiker: Wir weigern uns, über diese Stadt in Marketing-Kategorien zu sprechen. Wir sagen: Aua, es tut weh. Hört auf mit dem Scheiß. Wir lassen uns nicht für blöd verkaufen. Wir wollen weder dabei helfen, den Kiez als „bunten, frechen, vielseitigen Stadtteil“ zu „positionieren“, noch denken wir bei Hamburg an „Wasser, Weltoffenheit, Internationalität“, oder was euch sonst noch an „Erfolgsbausteinen der Marke Hamburg“ einfällt. Wir denken an andere Sachen. An über eine Million leerstehender Büroquadratmeter zum Beispiel und daran, dass ihr die Elbe trotzdem immer weiter zubauen lasst mit Premium-Glaszähnen. Wir stellen fest, dass es in der westlichen inneren Stadt kaum mehr ein WG-Zimmer unter 450 Euro gibt, kaum mehr Wohnungen unter 10 Euro pro Quadratmeter. Dass sich die Anzahl der Sozialwohnungen in den nächsten zehn Jahren halbieren wird.
Dass die armen, die alten und migrantischen Bewohner an den Stadtrand ziehen, weil Hartz IV und eine städtische Wohnungsvergabepolitik dafür sorgen. Wir glauben: Eure „wachsende Stadt“ ist in Wahrheit die segregierte Stadt, wie im 19. Jahrhundert: Die Promenaden den Gutsituierten, dem Pöbel die Mietskasernen außerhalb.
Und deshalb sind wir auch nicht dabei, beim Werbefeldzug für die „Marke Hamburg“. Nicht dass ihr uns freundlich gebeten hättet. Im Gegenteil: uns ist nicht verborgen geblieben, dass die seit Jahren sinkenden kulturpolitischen Fördermittel für freie künstlerische Arbeit heutzutage auch noch zunehmend nach standortpolitischen Kriterien vergeben werden. Siehe Wilhelmsburg, die Neue Große Bergstraße, siehe die Hafencity: Wie der Esel der Karotte sollen bildende Künstler den Fördertöpfen und Zwischennutzungs-Gelegenheiten nachlaufen – dahin, wo es Entwicklungsgebiete zu beleben, Investoren oder neue, zahlungskräftigere Bewohner anzulocken gilt. Ihr haltet es offensichtlich für selbstverständlich, kulturelle Ressourcen „bewusst für die Stadtentwicklung“ und „für das Stadt-Image“ einzusetzen. Kultur soll zum Ornament einer Art Turbo-Gentrifizierung werden, weil ihr die die üblichen, jahrelangen Trockenwohn-Prozesse garnicht mehr abwarten wollt. Wie die Stadt danach aussehen soll kann man in St. Pauli und im Schanzenviertel begutachten: Aus ehemaligen Arbeiterstadtteilen, dann „Szenevierteln“, werden binnen kürzester Zeit exklusive Wohngegenden mit angeschlossenem Party- und Shopping Kiez, auf dem Franchising-Gastronomie und Ketten wie H&M die Amüsierhorde abmelken.
Die Hamburgische Kulturpolitik ist längst integraler Bestandteil eurer Eventisierungs-Strategie. Dreissig Millionen Euro gingen an das Militaria-Museum eines reaktionären Sammlerfürsten . Über vierzig Prozent der Ausgaben für Kultur entfallen derzeit auf die „Elbphilharmonie“. Damit wird die Kulturbehörde zur Geisel eines 500-Millionen-Grabes, das nach Fertigstellung bestenfalls eine luxuriöse Spielstätte für Megastars des internationalen Klassik- und Jazz-Tourneezirkus ist. Mal abgesehen davon, dass die Symbolwirkung der Elbphilharmonie nichts an sozialem Zynismus zu wünschen übrig lässt: Da lässt die Stadt ein „Leuchtturmprojekt“ bauen, das dem Geldadel ein Fünf-Sterne-Hotel sowie 47 exklusive Eigentumswohnungen zu bieten hat und dem gemeinen Volk eine zugige Aussichtsplattform übrig lässt. Was für ein Wahrzeichen!
Uns macht es die „wachsende Stadt“ indessen zunehmend schwer, halbwegs bezahlbare Ateliers, Studio- und Probenräume zu finden, oder Clubs und Spielstätten zu betreiben, die nicht einzig und allein dem Diktat des Umsatzes verpflichtet sind. Genau deshalb finden wir: Das Gerede von den „pulsierenden Szenen“ steht am allerwenigsten einer Stadtpolitik zu, die die Antwort auf die Frage, was mit städtischem Grund und Boden geschehen soll, im Wesentlichen der Finanzbehörde überlässt. Wo immer eine Innenstadtlage zu Geld zu machen ist, wo immer ein Park zu verdichten, einem Grünstreifen ein Grundstück abzuringen oder eine Lücke zu schließen ist, wirft die Finanzbehörde die „Sahnelagen“ auf den Immobilienmarkt – zum Höchstgebot und mit einem Minimum an Auflagen. Was dabei entsteht, ist eine geschichts- und kulturlose Investoren-City in Stahl und Beton.
Wir haben schon verstanden: Wir, die Musik-, DJ-, Kunst-, Theater- und Film-Leute, die kleine-geile-Läden –Betreiber und ein-anderes-Lebensgefühl-Bringer, sollen der Kontrapunkt sein zur „Stadt der Tiefgaragen“ (Süddeutsche Zeitung). Wir sollen für Ambiente sorgen, für die Aura und den Freizeitwert, ohne den ein urbaner Standort heute nicht mehr global konkurrenzfähig ist. Wir sind willkommen. Irgendwie. Einerseits. Andererseits hat die totale Inwertsetzung des städtischen Raumes zur Folge, dass wir – die wir doch Lockvögel sein sollen – in Scharen abwandern, weil es hier immer weniger bezahlbaren und bespielbaren Platz gibt. Mittlerweile, liebe Standortpolitiker, habt ihr bemerkt, dass das zum Problem für euer Vorhaben wird. Doch eure Lösungsvorschläge bewegen sich tragischer Weise kein Jota außerhalb der Logik der unternehmerischen Stadt. Eine frische Senatsdrucksache etwa kündigt an „die Zukunftspotenziale der Kreativwirtschaft durch Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu erschließen“. Eine „Kreativagentur“ soll zukünftig u.a. „Anlaufstelle für die Vermittlung von Immobilienangeboten“ sein. Wer sich die Mieten nicht leisten kann, muss sich als „künstlerischer Nachwuchs“ einsortieren lassen und bei der Kreativagentur um „temporäre Nutzung von Leerständen“ ersuchen. Dafür gibt es sogar einen Mietzuschuss, allerdings nur, wenn „die Dringlichkeit des Bedarfs und die Relevanz für den Kreativstandort Hamburg“ gegeben sind. Unmissverständlicher kann man nicht klarstellen, was „Kreativität“ hier zu sein hat: Nämlich ein profit center für die „wachsende Stadt“.
Und da sind wir nicht dabei. Wir wollen nämlich keine von Quartiersentwicklern strategisch platzierten „Kreativimmobilien“ und „Kreativhöfe“. Wir kommen aus besetzten Häusern, aus muffigen Proberaumbunkern, wir haben Clubs in feuchten Souterrains gemacht und in leerstehenden Kaufhäusern, unsere Ateliers lagen in aufgegebenen Verwaltungsgebäuden und wir zogen den unsanierten dem sanierten Altbau vor, weil die Miete billiger war. Wir haben in dieser Stadt immer Orte aufgesucht, die zeitweilig aus dem Markt gefallen waren – weil wir dort freier, autonomer, unabhängiger sein konnten. Wir wollen jetzt nicht helfen sie in Wert zu setzen. Wir wollen die Frage „Wie wollen wir leben?“ nicht auf Stadtentwicklungs-Workshops diskutieren. Für uns hat das, was wir in dieser Stadt machen, immer mit Freiräumen zu tun, mit Gegenentwürfen, mit Utopien, mit dem Unterlaufen von Verwertungs- und Standortlogik.
Wir sagen: Eine Stadt ist keine Marke. Eine Stadt ist auch kein Unternehmen. Eine Stadt ist ein Gemeinwesen. Wir stellen die soziale Frage, die in den Städten heute auch ein Frage von Territorialkämpfen ist. Es geht darum, Orte zu erobern und zu verteidigen, die das Leben in dieser Stadt auch für die lebenswert machen, die nicht zur Zielgruppe der „Wachsenden Stadt“ gehören. Wir nehmen uns das Recht auf Stadt – mit all den Bewohnerinnen und Bewohnern Hamburgs, die sich weigern, Standortfaktor zu sein. Wir solidarisieren uns mit den Besetzern des Gängeviertels, mit der Frappant-Initiative gegen Ikea in Altona, mit dem Centro Sociale und der Roten Flora, mit den Initiativen gegen die Zerstörung der Grünstreifen am Isebek-Kanal und entlang der geplanten Moorburg-Trasse in Altona, mit No-BNQ in St. Pauli, mit dem Aktionsnetzwerk gegen Gentrifizierung und mit den vielen anderen Initiativen von Wilhelmsburg bis St. Georg, die sich Stadt der Investoren entgegenstellen.
Ted Gaier
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Montag, 28. September 2009
Hamburger Qualitätsblatt
In den vergangenen Monaten, spätestens seit dem Relaunch der Online-Version, lässt sich bei der Lektüre des Hamburger Abendblatts das unangenehme Gefühl eines qualitativen Verfalls hin zu einem weniger subtilen Boulevardjournalismus immer weniger verdrängen - ohne damit sagen zu wollen, dass das Abendblatt je mit überzeugender Brillanz zu glänzen gewusst hätte. Die Ursache hierfür liegt dabei gar nicht am modischen Webauftritt - die Welt z.B. hat den Relaunch früher gemacht, zugegeben etwas weniger Web2.0 gewagt, leidet jedoch nicht annähernd so sehr an dem Phänomen - sondern ist vielmehr inhaltlicher Natur:
Reißerische Titel wie ganz aktuell "So hat Ihr Nachbar gewählt!" oder Auf der Schanze regiert die Angst und selbst (einem journalistischem Hilferuf gleich) regelmäßige Babyfotos zeigen die Richtung an, aus der neue Leserinnen geworben und in die es dafür gehen soll.
Geschenkt, dass auf jeder Seite der Link zum Singlebörsenpartner an mehreren Stellen teilweise groß aufgemacht als Inhalt feilgeboten wird - schließlich muss auch Springer verzweifelt versuchen, die Online Version zu monetarisieren - oder dass seit sage und schreibe mehr als acht Wochen unter der Rubrik "Leben in Hamburg" der Pulitzerpreis-verdächte Recherchekracher Neun gesunde Gründe für wirklich guten Sex zu bestaunen ist. Ebenfalls spare ich mir weitere Kommentare zu den verlinkten "Advertorials" - ja, es gibt tatsächlich Menschen, die sich nicht scheuen solche Begriffe zu verwenden - denn immerhin ist ja der Name hier Programm. Das mit dem "Anzeige ist als solche kenntlich zu machen und vom redaktionellen Inhalt zu trennen" zieht sich nämlich durchaus nicht durch das ganze Angebot der Zeitung, ein Blick auf die stets beworbenen "KFZ-Tipps der Woche" z.B. führt im Artikel-Link-Grün über den hauseigenen Adserver direkt zum Werbepartner. Und es gibt überhaupt wenig Ressorts ohne Unterrubrik mit gewinnträchtigen Partnerprogrammen: unter Home allein beispielsweise gleich "Stellenangebote", "Partnersuche" und(!) "Singles". Vielleicht bin ich da auch nach langjähriger Adblocknutzung einfach nur zu sensibel.
Das viel störender boulevardesque beim Abendblatt 2.0 jedoch fällt beim Lesen eines jeden Artikels ins Auge: Immer mindestens zwei der Bildershows rechts sind kontextfreie Stars- und Tittenteaser, die zu Bilderstrecken von höchstem qualitätsjournalistischen Anspruch wie Üppige Kurven im Wüstensand, dem wochenlangen Topthema Michaela Schaffrath klagt auf Schadenersatz oder dem Klassiker der immer geht und auch beim Abendblatt sehr lange sehr gut ging, Heisse-Bademoden, locken. Wieso heute noch ein einzelnes Pinup-Girl für die Startseite wenn diverse Makroaufnahmen leicht verhüllter weiblicher Geschlechtsmerkmale über das gesamte Webangebot die Zielgruppe viel besser ansprechen können?
Interessant bei Abendblatt.de: Ein lang gehegtes Vorurteil über die (politische) Gewichtung lässt sich aber immerhin über die neue Onlinetechnologie überprüfen und festhalten. Heikle Artikel zum Thema CDU beispielsweise genießen eine deutlich höhere Priotität, gleiches gilt aber auch zum Arbeitsfeld, das mit "Linke Gewaltchaoten" grob umrissen werden könnte: Da Artikel schnell online verfügbar sein müssen, lässt sich anhand der deutlichen inhaltlichen Veränderungen am Titel und dem Inhalt gut ablesen wieviel Wert darauf gelegt wird und in welcher Eile geschrieben werden muss. Wider Erwarten ist der Effekt bei Eilmeldungen weniger ausgeprägt als bei genannten Themenfeldern, was den Schluss zur entsprechenden Gewichtung nahelegt.
Eine Kostprobe z.B. zum für die Kanzelerin unmittelbar vor der Bundestagswahl sehr unangenehmen Auftritt mit dem "und alle so: yeah"-Flashmob:
Aus dem recht allgemeinen Titel "Flashmob bei Wahlkampfveranstaltungen" wurde über den Umweg "Flashmob in Hamburg" zunächst "Flashmob in Hamburg - Kanzlerin blieb cool" und schließlich "Smartmob in Hamburg - Kanzlerin blieb cool". Aus dem selben Artikel bei dem Angela Merkel erst schlecht da stand, wurde am Ende einer, bei dem sie cool selbst gegenüber einem smarten Mob da stand. Eine solche Gewichtung beim HA überascht jetzt natürlich ganz und gar nicht, aber das Live-Beobachten von inhaltlichen Korrekturen könnte nebenbei erwähnt ein ganz interessantes Forschungsthema abgeben.

Einen guten Humor beweist die Redaktion aber immerhin: Im Ressort Politik bietet das Hamburger Abendblatt genau drei Unterrubriken: Deutschland, Ausland und Schweinegrippe.
Update: Das Abendblatt will sich hauseigenen Qualitätsjournalismus (Selbstbezeichnung) dem Leser etwas kosten lassen
Reißerische Titel wie ganz aktuell "So hat Ihr Nachbar gewählt!" oder Auf der Schanze regiert die Angst und selbst (einem journalistischem Hilferuf gleich) regelmäßige Babyfotos zeigen die Richtung an, aus der neue Leserinnen geworben und in die es dafür gehen soll.
Geschenkt, dass auf jeder Seite der Link zum Singlebörsenpartner an mehreren Stellen teilweise groß aufgemacht als Inhalt feilgeboten wird - schließlich muss auch Springer verzweifelt versuchen, die Online Version zu monetarisieren - oder dass seit sage und schreibe mehr als acht Wochen unter der Rubrik "Leben in Hamburg" der Pulitzerpreis-verdächte Recherchekracher Neun gesunde Gründe für wirklich guten Sex zu bestaunen ist. Ebenfalls spare ich mir weitere Kommentare zu den verlinkten "Advertorials" - ja, es gibt tatsächlich Menschen, die sich nicht scheuen solche Begriffe zu verwenden - denn immerhin ist ja der Name hier Programm. Das mit dem "Anzeige ist als solche kenntlich zu machen und vom redaktionellen Inhalt zu trennen" zieht sich nämlich durchaus nicht durch das ganze Angebot der Zeitung, ein Blick auf die stets beworbenen "KFZ-Tipps der Woche" z.B. führt im Artikel-Link-Grün über den hauseigenen Adserver direkt zum Werbepartner. Und es gibt überhaupt wenig Ressorts ohne Unterrubrik mit gewinnträchtigen Partnerprogrammen: unter Home allein beispielsweise gleich "Stellenangebote", "Partnersuche" und(!) "Singles". Vielleicht bin ich da auch nach langjähriger Adblocknutzung einfach nur zu sensibel.
Das viel störender boulevardesque beim Abendblatt 2.0 jedoch fällt beim Lesen eines jeden Artikels ins Auge: Immer mindestens zwei der Bildershows rechts sind kontextfreie Stars- und Tittenteaser, die zu Bilderstrecken von höchstem qualitätsjournalistischen Anspruch wie Üppige Kurven im Wüstensand, dem wochenlangen Topthema Michaela Schaffrath klagt auf Schadenersatz oder dem Klassiker der immer geht und auch beim Abendblatt sehr lange sehr gut ging, Heisse-Bademoden, locken. Wieso heute noch ein einzelnes Pinup-Girl für die Startseite wenn diverse Makroaufnahmen leicht verhüllter weiblicher Geschlechtsmerkmale über das gesamte Webangebot die Zielgruppe viel besser ansprechen können?
Interessant bei Abendblatt.de: Ein lang gehegtes Vorurteil über die (politische) Gewichtung lässt sich aber immerhin über die neue Onlinetechnologie überprüfen und festhalten. Heikle Artikel zum Thema CDU beispielsweise genießen eine deutlich höhere Priotität, gleiches gilt aber auch zum Arbeitsfeld, das mit "Linke Gewaltchaoten" grob umrissen werden könnte: Da Artikel schnell online verfügbar sein müssen, lässt sich anhand der deutlichen inhaltlichen Veränderungen am Titel und dem Inhalt gut ablesen wieviel Wert darauf gelegt wird und in welcher Eile geschrieben werden muss. Wider Erwarten ist der Effekt bei Eilmeldungen weniger ausgeprägt als bei genannten Themenfeldern, was den Schluss zur entsprechenden Gewichtung nahelegt.
Eine Kostprobe z.B. zum für die Kanzelerin unmittelbar vor der Bundestagswahl sehr unangenehmen Auftritt mit dem "und alle so: yeah"-Flashmob:
Aus dem recht allgemeinen Titel "Flashmob bei Wahlkampfveranstaltungen" wurde über den Umweg "Flashmob in Hamburg" zunächst "Flashmob in Hamburg - Kanzlerin blieb cool" und schließlich "Smartmob in Hamburg - Kanzlerin blieb cool". Aus dem selben Artikel bei dem Angela Merkel erst schlecht da stand, wurde am Ende einer, bei dem sie cool selbst gegenüber einem smarten Mob da stand. Eine solche Gewichtung beim HA überascht jetzt natürlich ganz und gar nicht, aber das Live-Beobachten von inhaltlichen Korrekturen könnte nebenbei erwähnt ein ganz interessantes Forschungsthema abgeben.

Einen guten Humor beweist die Redaktion aber immerhin: Im Ressort Politik bietet das Hamburger Abendblatt genau drei Unterrubriken: Deutschland, Ausland und Schweinegrippe.
Update: Das Abendblatt will sich hauseigenen Qualitätsjournalismus (Selbstbezeichnung) dem Leser etwas kosten lassen
Samstag, 2. Mai 2009
Willkommen in Hamburg: Spitzeln oder Abschiebung
Über die Anwerbung von V-Leuten hüllt der Inlandsgeheimdienst sich üblicherweise in Schweigen. In der linken Szene Hamburgs weiß man von den forwährenden Anwerbeversuchen durch den Verfassungsschutz schon ein Lied zu singen. Vor wenigen Tagen ist nun ein Fall öffentlich geworden, der beispielhaft eine vermutlich nicht unübliche Verfahrensweise aufzeigt, wie der VS in seiner Not nun mittlerweile zuvor gänzlich Unbeteiligte als Informanten zum Spitzeln akquiriert. Dass das Engagement als Spitzel unter Druck geschehen kann, überrascht sicher nur die wenigsten:
In Sachsen-Anhalt zum Studium zugelassen, verlor Yassir M. seinen legalen Aufenthaltsstatus in der BRD ohne sein Wissen, als er einen Studiengangs- und Ortswechsel vornahm. Eine banale Alltagssituation wie die Überprüfung seiner Papiere beim Befahren der U-Bahn ohne Fahrschein leitete den ganzen Verlauf der Geschichte dann ein: Nachdem er und die Behörden nun von dem ungesetzlichen Aufenthaltsstatus wussten, riet ihm die Ausländerbehörde Hamburgs zu einem Asylantrag - obwohl er sich explizit als Student und nicht als politisch Verfolgter in Hamburg aufhalten wollte - und brachte ihn damit noch in tiefere Probleme, da ihm dadurch nun umso mehr die Abschiebung drohte ("Asylbetrug").
Im selben Atemzug aber verwies die Ausländerbehörde auf den Mitarbeiter "Nils", der ihm in seiner speziellen Situation gleich helfen werde. Nils war vom Landesamt für Verfassungsschutz und versprach sich um die drohende Abschiebung zu kümmern, sollte Yassir im Gegenzug als Spitzel tätig werden.
Ein halbes Jahr etwa hat er dies dann auch getan, ist auf Anweisung zu verschiedenen Treffen und Parties der linken Szene gegangen und hat vereinzelt Informationen weitergegeben. Zuletzt wollte er nicht mehr weitermachen und hat sich entschieden mit dem Spitzeln aufzuhören - ihm droht nun postwendend in den kommenden Wochen die Abschiebung nach Marokko.
Der Fall klingt wie ein schlechter Krimi, ist aber traurige Realität und vermutlich alles andere als ein Einzelfall und beschäftigt nun den parlamentarischen Kontrollausschuss.
Während taz, MoPo, NDR und selbst, wenngleich eher sekundär, das Abendblatt die Ausnutzung der Situation durch den VS thematisieren, fällt auf, dass die sonst durch einen direkten Draht zum Landesamt für Verfassungsschutz glänzende Welt Hamburg zu dem Thema noch keinen Beitrag gebracht hat. Und das, obwohl sie wie auch die Bild gern auch mal exklusive Interviews mit dem Vorsitzenden des LfV zum Thema "Extremismus Links" bringt. Offensichtlich passen ansatzweise kritische Meldungen nicht in den Rahmen der Berichterstattung zur Behörde.
Die wenigen in den bekannten Artikeln genannten Objekte der Begierde sind wenig überaschend: Dass der frisch gewonnene Informant zum Spitzeln in die Rote Flora geschickt wurde ist zu erwarten, auch die geheimdienstliche Unterwanderung von Studierendengruppen (das genannte Cafe Knallhart ist ein studentisches Café an der Hamburger Uni) ist in Hamburg längst keine Überaschung mehr. Erstaunlicher schon eher die plumpe Herangehensweise:
Und ein weiteres Detail am Rande: Schwerpunkt des Interesses gilt nicht dem Verhindern von Radau auf der Straße, sondern den politischen Aktivisten:
Lustiges Zitat am Rande aus dem Abendblatt Artikel:
In Sachsen-Anhalt zum Studium zugelassen, verlor Yassir M. seinen legalen Aufenthaltsstatus in der BRD ohne sein Wissen, als er einen Studiengangs- und Ortswechsel vornahm. Eine banale Alltagssituation wie die Überprüfung seiner Papiere beim Befahren der U-Bahn ohne Fahrschein leitete den ganzen Verlauf der Geschichte dann ein: Nachdem er und die Behörden nun von dem ungesetzlichen Aufenthaltsstatus wussten, riet ihm die Ausländerbehörde Hamburgs zu einem Asylantrag - obwohl er sich explizit als Student und nicht als politisch Verfolgter in Hamburg aufhalten wollte - und brachte ihn damit noch in tiefere Probleme, da ihm dadurch nun umso mehr die Abschiebung drohte ("Asylbetrug").
Im selben Atemzug aber verwies die Ausländerbehörde auf den Mitarbeiter "Nils", der ihm in seiner speziellen Situation gleich helfen werde. Nils war vom Landesamt für Verfassungsschutz und versprach sich um die drohende Abschiebung zu kümmern, sollte Yassir im Gegenzug als Spitzel tätig werden.
Ein halbes Jahr etwa hat er dies dann auch getan, ist auf Anweisung zu verschiedenen Treffen und Parties der linken Szene gegangen und hat vereinzelt Informationen weitergegeben. Zuletzt wollte er nicht mehr weitermachen und hat sich entschieden mit dem Spitzeln aufzuhören - ihm droht nun postwendend in den kommenden Wochen die Abschiebung nach Marokko.
Der Fall klingt wie ein schlechter Krimi, ist aber traurige Realität und vermutlich alles andere als ein Einzelfall und beschäftigt nun den parlamentarischen Kontrollausschuss.
Während taz, MoPo, NDR und selbst, wenngleich eher sekundär, das Abendblatt die Ausnutzung der Situation durch den VS thematisieren, fällt auf, dass die sonst durch einen direkten Draht zum Landesamt für Verfassungsschutz glänzende Welt Hamburg zu dem Thema noch keinen Beitrag gebracht hat. Und das, obwohl sie wie auch die Bild gern auch mal exklusive Interviews mit dem Vorsitzenden des LfV zum Thema "Extremismus Links" bringt. Offensichtlich passen ansatzweise kritische Meldungen nicht in den Rahmen der Berichterstattung zur Behörde.
Die wenigen in den bekannten Artikeln genannten Objekte der Begierde sind wenig überaschend: Dass der frisch gewonnene Informant zum Spitzeln in die Rote Flora geschickt wurde ist zu erwarten, auch die geheimdienstliche Unterwanderung von Studierendengruppen (das genannte Cafe Knallhart ist ein studentisches Café an der Hamburger Uni) ist in Hamburg längst keine Überaschung mehr. Erstaunlicher schon eher die plumpe Herangehensweise:
Er sollte zu einer Party in die Rote Flora gehen. "Danach wollte er wissen, was ich mit den Leuten aus der Antifa-Szene gesprochen habe."
Und ein weiteres Detail am Rande: Schwerpunkt des Interesses gilt nicht dem Verhindern von Radau auf der Straße, sondern den politischen Aktivisten:
Stets sollte er sich "auf die wichtigen Organisatoren und Personen konzentrieren, nicht auf die Trottel, die Krawall machen"
Lustiges Zitat am Rande aus dem Abendblatt Artikel:
Der Beamte rief ihn auf dem Handy an und beorderte ihn zu Treffpunkten. Mal auf einen Parkplatz am S-Bahnhof Wandsbeker Chaussee, einen Parkplatz am Berliner Tor, in die HafenCity oder in eine Fischbude an den Landungsbrücken. Alles Orte, an denen Autonome aus dem Schanzenviertel nicht zu verkehren pflegen.Schön, wenn die Welt so einfach ist.
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hamburg,
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